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Unsere Vier-Tages-Reise in den Harz von Sonntag, 8. Mai 2016 bis Mittwoch, 11. Mai 2016.

29.05.16 Sonne, Wind, Hexenzauber, der Harz zeigt sich von seiner schönsten Seite.

 Sonntag, 8. Mai 2016  

Die Sonne scheint, und alle 39 Landfrauen an Bord sind bester Stimmung. Busfahrer Ercan ist der einzige Mann an Bord. Er ist das bei uns gewöhnt. Keine Hoffnung kann ich ihm auf Verstärkung machen. Die Reisebegleitung ab dem nächsten Tag ist auch eine Frau, sogar eine Harz-Hexe! Heute ist Muttertag. Und nachdem noch niemandem von uns das Frühstück ans Bett serviert wurde, machen wir beim „Distelhäuser“ Frühstückspause. Platten mit Wurst, Schinken und Käse, Marmelade, Butter, Brot, knusprige Brötchen, Kannen mit Kaffee laden zum Zugreifen ein. Ein gelungener Auftakt unserer Harz-Reise. 

Wieder im Bus erfahren wir, wie der heutige Tag geplant ist. Gegen 15 Uhr sind wir in Wernigerode im Café Wiecker angemeldet. Und damit niemand unterwegs darben muss, bekommt jede Reiseteilnehmerin einen Umschlag mit 15 Euro Taschengeld.

An der Autobahnraststätte Hasselberg machen wir 50 Minuten Pause zur Befriedi­gung jeglicher Bedürfnisse. 

Pünktlich um 15 Uhr steuert unser Busfahrer Ercan Wernigerode an, die „bunte Stadt am Harz“. Nur wenige Minuten sind es zu Fuß bis zum Marktplatz. Direkt dort, im Café Wiecker, dürfen wir uns auf Kaffee und Torte freuen. Im ersten Stock ist für uns eingedeckt. Jede sucht sich an der Kuchen- und Tortentheke seine Wunschtorte aus und nimmt den Teller gleich mit nach oben. Sehr erfreulich, Ruth bezahlt alles aus der Reisekasse.

Auf eigene Faust kann anschließend jeder den mittelalterlichen Stadtkern mit seinen farbenfrohen Fachwerkbauten aus sechs Jahrhunderten, engen Gassen und idyllischen Winkeln anschauen. Besonders sehenswert ist das Rathaus. 

Um 17 Uhr fahren wir weiter dem heute endgültigen Ziel entgegen, nach Braunlage zu unserem Hotel Relexa Harz-Wald. Wir werden gleich herzlich empfangen, und erhalten schon im Bus unseren Hotel-Ausweis mit Zimmer-Nummer. Am Hotel-Eingang stehen noch zwei Harzhexen aus der Walpurgisnacht. An der Rezeption bekommen wir die Schlüssel ausgehändigt und bald sind alle in ihren Zimmern verschwunden. Aber nicht lange! Um 18.45 treffen wir uns an der Rezeption zum Sektempfang. Und anschließend geht es ins Restaurant „Boulevard“ zum Abend­essen. Wir dürfen uns am Buffet bedienen: Suppe, kalte Vorspeisen, diverse warme Speisen, Desserts, da bleiben keine Wünsche offen. Wer die Wahl hat …

Das Hotel ist sehr weitläufig mit sternförmig angelegten Fluren zu den Zimmern. Hallenbad, Sauna usw. laden zum Besuch ein. Ob wir uns da nicht verlaufen? Sehr ruhig am Waldrand ist unser Hotel gelegen.

Nachdem wir alle früh aus den Federn mussten, steht einer angenehmen Nachtruhe nichts mehr im Wege. 

Montag, 9. Mai 2016.

Herrlich, wenn man vom Vogelgezwitscher geweckt wird. Vor jeder Zimmertür liegt die neue „Goslarsche Zeitung“! Das reichhaltige Frühstücks-Buffet lädt zum Zugreifen ein: Harzer Spezialitäten, Eier, Käse, verschiedenes Obst, Fisch, Tomaten, Gurken, Schmalz, Säfte, frische Brötchen und Brot, Gebäck, man muss schon aufpassen, dass man nicht zu viel auf den Teller häuft. Auf den Tischen liegt noch der „Harzwald Kurier“, ein Faltblatt für den jeweiligen Tag mit Wetterbericht, Ausflugstipp, das Buffet-Speisen-Angebot am Abend, der Spruch des Tages und noch manches Interessantes mehr. 

Wir treffen uns um 9 Uhr am Bus und lernen unsere Reisebegleiterin für die nächsten zwei Tage kennen: Sie hat für uns schon im Vorfeld alle Termine für unseren Aufenthalt im Harz reserviert, auch den Besuch am Anreisetag im Café Wiecker.

In ihrem Kostüm mit Hut und Besen begrüßen wir sie als „Harzhexe“. Ab sie klärt uns auf, sie kommt als „Kiepenfrau“. Kiepenfrau Elke ist im Harz geboren und wir werden von ihr viel über ihre Heimat erfahren. Drei Bundesländer teilen sich den Harz: Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und ein kleines bisschen Thüringen. Heute sind wir im Ostteil, in Sachsen-Anhalt, unterwegs.

Wir kommen in „Elend“ vorbei mit der kleinsten Holzkirche Deutschlands. An Weih­nachten kann man sogar aus Platzgründen den Altar auf die Seite schieben. Viele sehenswerte Tropfstein-Höhlen gibt es. Die tiefen Wälder, übrigens überwiegend Mischwald, lassen wirklich überall Zwerge und Hexen vermuten. Wir fahren vorbei an der Bodetalsperre, der Teufelsmauer mit hohen Sandsteinzinnen und kommen zum 450 m hoch gelegenen Hexentanzplatz bei Thale. Die Sonne scheint herrlich und wir können von der „Ross­trappe" aus weit ins Tal sehen. Unsere „Kiepenfrau“ Elke erzählt uns viel vom sagenum­wobenen Harz und wie manche Legenden entstanden sind. Wir hören gespannt zu. Johann Wolfgang von Goethe, der ja in jeglicher Hinsicht kein Kostverächter war, sammelte auf dem Brocken Eindrücke für die Walpurgisnacht in seinem „Faust“. Auch wissen wir in der Zwischenzeit, was „hexenrechts“ und „hexenlinks“ bedeutet (alles gerade andersrum). 

Weiter geht die Fahrt bergauf – bergab nach Güntersberge, einem Ortsteil von Harzgerode. Dort findet man das verrückteste Museum des Harzes, das Mause­fallen-Museum. In einem 300 Jahre alten denkmalgeschützten Bauernhof sind die unwahrscheinlichsten Gerätschaften gesammelt, wie man Mäuse und Ratten um die Ecke bringt. Gabriele Knepper, die das private Museum zusammen mit ihrem leider inzwischen verstorbenen Mann aufgebaut hat, stellt uns sehr humorvoll die Funktionen der einzelnen Fallen vor. Wie bringt man die Viecher dazu, sich selbst zu köpfen, zu strangulieren oder gar sich zu ersäufen? Und als wir dann nebenan in die „Galerie der stillen Örtchen“ kommen, und die kuriose und interessante Sammlung der verschiedenen „Kack-Stühle“ vorgeführt bekommen und auch die Bilder an der Wand anschauen, kommen wir weiter aus dem Lachen nicht mehr heraus. Einmalig! 

Unsere nächste Station ist das „Josephskreuz“. Der auf dem 580 m hohen Großen Auersberg errichtete Aussichtsturm ist das größte eiserne Doppelkreuz der Welt. 200 Stufen führen hinauf auf den 38 m hohen Turm. Es weht ein heftiger Wind. Für alle gibt es im Bergstübl Gemüsesuppe mit Würstchen. So fahren wir gestärkt unserem nächsten und letzten Ziel des Tages zu, dem idyllischen mittelalterlichen Städtchen Stolberg mit seinen mehr als 380 bunten, gepflegten Fachwerkhäusern. Eingebettet in vier Täler schmiegt sich Stolberg an die Harzberge, die hier vorwiegend aus Laubwäldern bestehen. Stolberg ist Europa- und Thomas Müntzer-Stadt und wird auch Perle des Südharzes genannt. Die ganze Stadt steht unter Denkmalschutz. Eng geht es in den Straßen zu und für Ercan eine Herausforderung, ungestreift mit dem Bus durchzukommen. Stolberg hat aber nicht nur wunderschöne Fachwerkhäuser zu bieten, sondern auch die Konditorei und Keksfabrik FRIWI, mit Fabrik­verkauf! Zuerst gibt es Kaffee und verschiedene Torten zur Auswahl. Unser Glück, denn so ist mal der erste Süßhunger gestillt. Sonst hätten wir den ganzen Laden leer gekauft – so nur den halben. Tütenbepackt steigen wir wieder in den Bus. 

Bis zum Abendessen haben wir noch ein bisschen Freizeit, dann freuen wir uns auf das wieder sehr reichhaltige Buffet. Nach einem „Absacker“ an der Bar steht dem Kontakt mit unserem Bettzipfel nichts mehr im Wege. Wieder geht ein erlebnis­reicher Tag zu Ende. 

Dienstag, 10. Mai 2016

Aufwachen mit Vogelkonzert zum Tagesbeginn, die Zeitung vor der Tür und dann das wunderbare Frühstücksbuffet. Wir fühlen uns schon wie zuhause. „Alle unsere Träume können sich erfüllen – wenn wir den Mut haben, ihnen zu folgen“, dieser Spruch des Tages stammt von Walt Disney.

Urlaubsträume erfüllen sich heute auf dem Weg in den Nord- und Oberharz, der zu Niedersachsen gehört. Mit dem Bus kurven wir heute zuerst durch die Berg­­baustadt Sankt Andreasberg mit den hübschen kleinen Häuserzeilen. Buckelig ist die Straße. Wir erfahren unterwegs etwas über Sicherheitsvorkehrungen für die Bergleute. So wurden zum Beispiel Kanarienvögel im Käfig mitgenommen. Diese Vögel reagieren empfindlicher als die Menschen auf Sauerstoffmangel. Wenn diese von der Stange kippten, wurde es auch für die Bergleute gefährlich und sie konnten rechtzeitig die Stollen verlassen. Auch Ratten wurden im Käfig mitgenommen. Wurde für das Tier „die Luft dünn“, quiekte es. Zuweilen hat aber jemand der Ratte in den Schwanz gezwickt um es zum Quieken zu bringen. So konnten die Arbeitsunlustigen sich ein paar vergnügte Stunden im Gasthof machen. „Komm, wir lassen mal ‘ne Ratte quieken“, hieß es dann bei den Bergleuten.

In Torfhaus, mit 829 m die höchstgelegene Ortschaft im Harz, machen wir einen kurzen Stopp. Von hier aus hat man eine herrliche Sicht auf den Brocken. Durch Bad Harzburg machen wir eine kleine Rundfahrt mit dem Bus. Der Bahnhof aus dem 19. Jahrhundert ist heute noch in Betrieb.

Weiter geht es zur mittelalterlichen Kaiserstadt Goslar. Beim Busplatz Kaiserpfalz steigen wir aus und machen mit unserer Reiseleiterin Elke einen kleinen Stadtrundgang, vorbei an schönen, gepflegten Fachwerk­häusern mit prächtigen Erkern und bunten Schnitzreliefs, die Figuren aus der Sagenwelt und dem Alltag des einfachen Volkes darstellen. Wir gehen bis zum Marktplatz und lassen uns dort natürlich das Glocken­spiel um 12 Uhr nicht entgehen. Die verschiedenen Türen öffnen sich und die Figuren zeigen die historischen Stationen des Harzbergbaus. Nun machen wir eine kleine Mittagspause.

Um 13.15 Uhr geht die Fahrt weiter zu unserem nächsten Ziel: Der nordischen Stabs­kirche in Hahnenklee. Diese sehenswerte Kirche wurde 1908 nach norwegischem Vorbild gebaut. Wir bekommen eine kleine Führung. Dort gibt es auch einen 7 km langen Rundweg, den Liebesbankweg, mit hübsch gestalteten Bänken. Weiter geht die Fahrt „rauf und runter“, hexenrechts, hexenlinks und wir hören dabei vom Weltkulturerbe Ober­harzer Wasserregal mit 107 historischen Teichen, vielen km Gräben und 31 km Stollen zum Antrieb der Wasserräder im Bergbau. Eindrucksvolle Zeugnisse des Bergbaus im Harz.

Ein neues Ziel wartet auf uns, die Okertalsperre mit dem Okerstausee, der einzige See im Harz, auf dem Schiffe fahren dürfen. An der Weißwasserbrücke beginnt unser 1 ½ stündige Rundfahrt auf dem See mit der MS „Aqua Marin“. Kaffee und Kuchen gibt es, Sonne, Wind, und niemand wird seekrank! Herrlich entspannt ist alles.

Über Altenau geht die Fahrt wieder zurück nach Braunlage in unser Hotel. Leider müssen wir uns heute von unserer „Kiepenfrau“ Elke verabschieden, die uns mit so viel Herzlichkeit viel über ihre Heimat, den Harz, erzählen konnte. Danke! 

Zum letzten Mal bedienen wir uns heute am feinen Abend-Buffet: Schweinekrusten­braten in Schwarzbiersoße, Serviettenknödel, Victoriabarschfilet auf Paprikagemüse, Butternudeln, Salate, Marillenknödel und natürlich noch vieles mehr laden zum Zugreifen ein. Noch ein bisschen Zusammensitzen an der Bar, und dann geht es ans Kofferpacken. Wie schnell doch die Tage wieder verflogen sind. „Können wir nicht noch einen Tag bleiben?“ Werde ich gefragt. Aber wie heißt es, wenn es am schönsten ist …

Eine letzte gute Nacht. 

Mittwoch, 11. Mai 2016

Unser gutes Frühstück, um 8.45 Uhr Koffer einladen und um 9 Uhr heißt es endgültig Abschied nehmen von unserem Hotel Relexa Harz-Wald in Braunlage, in dem wir uns in den vergangenen Tagen so wohlgefühlt haben.

Auf der Heimfahrt steht aber noch eine Überraschung auf dem Programm: Die Ziegenalm Sophienhof. Über Hohegeiß, Rothesütte führt uns die Straße, natürlich wieder auf und ab und recht kurvig gen Osten zum Sophienhof. Jetzt sind wir im Thüringer Teil des Harzes.

Mit ein paar Ziegen hat es angefangen. Im Laufe der Jahre kamen immer mehr Tiere dazu, der Hof wurde ausgebaut und laufend vergrößert. Heute kann Familie Liebig auch Ferienwohnungen und das „Strohballenhaus“ für verschiedene Veranstaltungen anbieten. Aber nach wie vor verstehen sie sich vor allem als Landwirtschaftsbetrieb. Im „Strohballenhaus“ bekommen wir einen Film zur Einführung zu sehen. Dann erzählt uns Kerstin Liebig von der Entwicklung des Hofes. Wir bewundern diese tat­kräftige Frau. Bei einem Rundgang sehen wir Ziegen, auch ganz kleine Zicklein. Lernen auch den jungen Hütehund kennen, der zielstrebig ausgebüxte Jungtiere wieder zurück in den Stall treibt. Rosa Schweinchen, die in der Sonne schlummern, Heidschnucken, eine Kuh mit ihren Zwillingskälbchen, gerade 24 Stunden alt, die „Muttermilch“ direkt an der Quelle saugen dürfen. Die Aufzählung ist natürlich nicht vollständig. Begeistert sind wir auch vom Hühnermobil, das mit einem Traktor immer wieder ein Stück versetzt wird, damit die Hühner frisches Gras zum Picken haben. Kerstin Liebig macht eine Klappe auf, und wir sehen, wie fein säuberlich in einer Art Körnerstreu die frisch gelegten Eier liegen. Zwei Hühner schauen von der anderen Seite rein und wollen zum Eierlegen einsteigen. Müssen diese Eier gut schmecken!

Im Strohballenhaus wartet dann ein Vesper auf uns: Herrlich milde Käsesuppe und ein dick belegtes Brot mit Käse und Wurst aus eigener Herstellung. Macht so richtig satt.

Im Hofladen können wir dann noch hauseigenen Käse und diverse Wurstwaren einkaufen.

Nach diesem erlebnisreichen und kulinarischen Halt geht es jetzt endgültig der Heimat zu. Wir freuen uns nochmals an den goldgelben Rapsfeldern und den blühenden Obstbäumen.

Über Nordhausen und Erfurt geht es jetzt weiter, und je mehr wir Richtung Süden kommen, desto diesiger und auch schwüler wird es.

An der Raststätte Thüringer Wald gibt es noch eine Bus-Kaffee-Kuchenpause. 

Bei „Distelhäuser“ hat unsere Reise kulinarisch begonnen. Und bei „Distelhäuser“ endet nun auch fast unsere Vier-Tages-Fahrt. Ercan macht den Vorschlag, dass wir alle wieder so sitzen sollen, wie bei der Hinfahrt. Und o Wunder, es klappt. In Null-Komma-Nix haben alle wieder ihren Platz gefunden. Natürlich ist das Taschengeld längst aufgebraucht. So gibt es aus der Reisekasse für alle Biergulasch, Weck­knödel, Salat und ein Getränk. 

Jetzt geht es immer schneller der Heimat zu. Allenthalben ein großes Dankeschön für die tolle Fahrt. Es ist schon Tradition, dass Ruth nun das Reiseziel für das nächste Jahr verrät. Bis dahin ist es ja noch eine lange Zeit hin. Aber auch auf den Harz haben wir uns ein ganzes Jahr gefreut. 

Die Wolken werden dichter. Es regnet. Aber welch Wunder, wir kommen dann doch alle trocken zuhause an. Da muss wohl noch der Harzer Hexenzauber gewirkt haben. 

Ruth Böckeler